Von Noreen Hirschfeld

Der namibische Botschafter,S.E. Neville Gertze (4. v.l.), mit (v.l.) Dr.Horst   Eichler,Christina Reiland,Tonata Mbango, Christian Kampen, Dr. Jürgen Krause, Aino P. Moongo und Thorsten SchütteDer namibische Botschafter,S.E. Neville Gertze (4. v.l.), mit (v.l.) Dr.Horst Eichler,Christina Reiland,Tonata Mbango, Christian Kampen, Dr. Jürgen Krause, Aino P. Moongo und Thorsten SchütteDer diesjährige "Namibia-Tag" des Bezirks Rhein-Neckar der DNG am 9. Mai in Heidelberg bot ein interessantes und vielfältiges Programm. Zahlreich waren die Teilnehmer erschienen, um sich in dem festlichen Ambiente des Spiegelsaals im Palais Prinz Carl aufschlussreiche Vorträge anzuhören und anschließend lebhaft zu diskutieren. Unter den über 100 Besuchern waren DNG-Mitglieder und andere Namibiafreunde. Viele kamen aus der Region, aber auch aus anderen Teilen Deutschlands hatten einige den Weg in die bezaubernde Stadt am Neckar gefunden. Die Veranstaltung stand unter dem Schwerpunkt der zukünftigen Entwicklung Namibias. Die zentralen Themen waren (Aus-)Bildung, Entwicklungszusammenarbeit und die Landreform.

Der Bezirksvorsitzende Dr. Horst Eichler eröffnete den Nambia-Tag am Morgen mit einer Begrüßungsrede und machte auf die besondere Beziehung zwischen Deutschland und Namibia aufmerksam. Namibia sei allerdings nicht nur das Paradies, als das es in den Reiseberichten dargestellt werde. Das Land habe auch große Probleme, beispielsweise habe es weltweit die größte Spanne zwischen Arm und Reich. Es sei somit wichtig, dem gesamten namibischen Volk – schwarz und weiß – eine bessere, nachhaltige Zukunft zu sichern.Der namibische Botschafter S.E. Neville GertzeDer namibische Botschafter S.E. Neville GertzeFür die Bedeutung der Veranstaltung sprach das Erscheinen des neuen namibischen Botschafters S.E. Neville Gertze, der am Morgen extra angereist war. Er gab ein sehr lebendig vorgetragenes Statement zum gegenwärtigen Stand der deutsch-namibischen Beziehungen ab und begrüßte die Teilnehmer mit einem herzlichen "Guten Morgen meine Brüder und Schwestern".Rege PausendiskussionRege Pausendiskussion Gertze machte auf die "exzellente Beziehung" zwischen den beiden Staaten aufmerksam und erklärte "Germany plays an instrumental role in the development of Namibia". Auch die wichtige Rolle der DNG sei registriert worden. Besonders wichtig für die Beziehung und die Entwicklung Namibias sei der Personenaustausch, erklärte er. Dabei sei es nicht nur von Bedeutung, die deutsche Kultur nach Namibia zu bringen, sondern auch die namibische nach Deutschland.

Christina Reiland von der SAP AG berichtete über die Initiative "Afrika kommt", ein Pilotprojekt der deutschen Wirtschaft für Führungskräftenachwuchs aus Subsahara-Afrika, das 2008 ins Leben gerufen wurde. In Kooperation mit Inwent fand die Auswahl der mehr als 2000 Bewerber statt, von denen am Ende nur 20 die Möglichkeit eines neunmonatigen Praxisaufenthaltes in einem deutschen Unternehmen erhielten. Die aufmerksame ZuhörerschaftDie aufmerksame ZuhörerschaftEine von ihnen ist Tonata Mbango von der Telecom Namibia. Sie erzählte – auf Deutsch – sie habe in der Zeit in Deutschland schon viel gelernt. Die Initiative sei sehr sinnvoll, da sie Einblicke in die Praxis und die deutsche Unternehmenskultur biete, die ihrer Meinung nach durch Pünktlichkeit und die Einhaltung klarer Taktpläne zur Weltspitze gehöre.

Christian Kampen von der KfW-EntwicklungsbankChristian Kampen von der KfW-EntwicklungsbankDer Länderbeauftragte der KfW-Entwicklungsbank für das südliche Afrika, Christian Kampen, erläuterte die Entwicklungshilfepraxis am Fall Namibias. Sehr großes Interesse beim Publikum weckte die Vorstellung der relativ neuen Praxis der Mikrofinanzierung. Das Prinzip der Spar- und Kreditgemeinschaften wird seit 2002 erfolgreich in der Ohangwena-Region angewandt. Bisher nehmen etwa 9000 Menschen daran teil, vor allem Frauen ohne höhere Bildung.

Thorsten SchütteThorsten SchütteThorsten Schütte, von der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg, stellte seinen Film "Land Matters" vor, der schon bei der DNG-Tagung in Dresden gezeigt wurde. Der Film über die Landreform in Namibia gibt Einblicke in die verschiedenen Sichtweisen der alten und neuen – nun schwarzen –  Farmer. Er wurde auch mehrfach in Namibia vorgeführt mit anschließenden Diskussionsveranstaltungen mit Farmern und Interessenvertretern. Auch im namibischen Fernsehen wurde er bereits gesendet.

Ulf G. StuberhgerUlf G. StuberhgerDirekt im Anschluss berichtete der Journalist Ulf G. Stuberger (Marxzell) über seine Erfahrungen als weißer Farmer in Namibia, die er in seinem Buch "Ich war ein weißer Farmer in Afrika" veröffentlicht hat. Die derzeitigen Arbeits- und Lebensverhältnisse der schwarzen Farmarbeiter seien teilweise Verstöße gegen die Allgemeinen Menschenrechte sowie gegen das namibische Arbeitsgesetz. Als er versuchte bessere Bedingungen für die Farmarbeiter durchzusetzen, sei er bei den weißen Farmern auf Widerstand gestoßen. Ihm sei sogar gedroht worden, der lange Arm der deutschstämmigen Farmer reiche bis nach Berlin.

Bezirksvorsitzender Dr. EichlerBezirksvorsitzender Dr. EichlerEichler erklärte in der anschließenden Diskussion, diesen langen Arm habe er gespürt. Zahlreiche Anrufer wollten wissen, weshalb er Stuberger eingeladen habe. Einige hätten wegen Stubergers Einladung die Veranstaltung sogar gemieden. Eichler sagte, man müsse es dem Land zuliebe ertragen, verschiedene Meinungen zu Wort kommen lassen, anschließend könne dann darüber diskutiert werden. Die öffentliche Diskussion zu diesem brisanten Thema hielt sich allerdings in Grenzen.

Hans HerrmannHans HerrmannDer Diavortrag von Hans Hermann (Kehl), der eine Namibia-Mission aufgebaut hat, lockerte die Informationsflut zwischendurch etwas auf. Mit anschaulichen Bildern aus den Schulen, von verschiedenen Menschen und ihrer Lebensweise, erläuterte er seine Arbeit im Erziehungswesen und in der Sozialarbeit in Namibia.

Dr. Jürgen Krause (Falkensee) berichtete aus der Geschichte eines (ost-)deutsch-namibischen Schulprojektes, an dem er selbst als Ideengeber maßgeblich beteiligt war. Zwischen 1979 und 1989 kamen Kinder aus Namibia in die damalige DDR, um nach der sozialistischen Ideologie erzogen zu werden. Ab 1987 stellte man die Diskrepanz zwischen sozialistischer Indoktrination und der Vorbereitung auf afrikanische Wirklichkeit bei der Erziehung afrikanischer Kinder fest und modifizierte den Lehrplan. Dr. Jürgen KrauseDr. Jürgen KrauseDie Schüler sollten nun lernen "stolz zu sein, ein Namibier und schwarz zu sein". 1989 wurde das Projekt schlagartig beendet und die Kinder zurück nach Namibia gebracht, ohne ihren Abschluss machen zu können und ohne auf ihre eigentliche Heimat, das jetzige Namibia, vorbereitet gewesen zu sein.

Ehrenvorsitzender des Rhein-Neckar-Bezirks Hans-W. TampeEhrenvorsitzender des Rhein-Neckar-Bezirks Hans-W. TampeDer Schirmherr und Oberbürgermeister von Heidelberg musste leider seinen Besuch kurzfristig absagen. Der Präsident der DNG Klaus Hess konnte ebenfalls nicht kommen, ließ aber herzliche Grüße von dem Ehrenvorsitzenden Hans-Wolfgang Tampe überbringen. Die Veranstaltung, die wieder in Zusammenarbeit mit der Heidelberger Volkshochschule und dem Agenda-Büro der Stadt Heidelberg stattfand, war ein voller Erfolg. In den Kaffeepausen und beim Mittagessen in den urigen Kellergewölben der Tagungsstätte war ausreichend Zeit für angeregte Diskussionen und um Erfahrungen über das Land auszutauschen, das alle an diesem Tag vereinte – Namibia.