Folgender Brief wurde am 25. März 2024 an Ministerin Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz der Bundesrepublik Deutschland, gesendet:

Sehr verehrte Frau Ministerin;

gestatten Sie mir, dass ich mich unter Bezug auf ein Schreiben des Ministers für Umwelt, Forsten und Tourismus der Republik Namibia, Herrn Pohamba Shifeta, an Sie vom 20. Februar 2024 im Namen der Deutsch-Namibischen Gesellschaft an Sie wende.

In dem Schreiben lädt Minister Shifeta Sie zu einer Reise nach Namibia ein, um Sie über die Maßnahmen der Republik Namibia zum Schutz der natürlichen Ressourcen und besonders der einheimischen Tierwelt vor Ort zu informieren, bevor – wie von Namibia befürchtet – Ihr Ministerium Pläne zum zumindest teilweisen Verbot des Imports von Trophäen aus legaler Jagd aus Namibia nach Deutschland weiterverfolgt.

Den Mitgliedern der Deutsch – Namibischen Gesellschaft liegt die Gestaltung guter Beziehungen zu Namibia am Herzen. Es ist ihr maßgebliches Motiv für ihren Einsatz zur Förderung der Beziehungen zwischen beiden Gesellschaften.

Für den Fall, dass Deutschland das von Namibia befürchtete Importverbot beschließen sollte, ohne vorher zumindest das von Minister Shifeta unterbreitete Angebot zu einem umfassenden Dialog wahrzunehmen, befürchten wir eine nachhaltige Irritation in den deutsch – namibischen Beziehungen.

Wir begrüßen daher die Bereitschaft von Minister Shifeta, Sie im Rahmen eines Namibia-Besuches umfassend über den in Frage stehenden Sachverhalt zu unterrichten. Wir appellieren an Sie dieses Angebot anzunehmen und eine Reise nach Namibia durchzuführen, bevor eine Entscheidung über ein Importverbot von Jagdtrophäen aus Namibia getroffen wird.

Sehr viele Mitglieder der Deutsch – Namibischen Gesellschaft sind mit dem Schutz von Natur und Tierwelt und der Situation der legalen Jagd in Namibia vertraut. Ich kenne die Situation persönlich aus meiner vierjährigen Tätigkeit als deutscher Botschafter in Namibia (2015 – 2019).

Wir können Ihnen daher aus eigenem Wissen und eigener Erfahrung bestätigen, dass Namibia auf Grundlage der in der namibischen Verfassung niedergelegten Pflicht zum Schutz der natürlichen Ressourcen seit vielen Jahren erfolgreiche Maßnahmen zum Schutz gefährdeter Tierarten umsetzt. Die bei allen entsprechenden Tierarten festzustellende Stabilität der und vielfach sogar zunehmende Population ist die Grundlage dafür, dass eine nachhaltige und staatlich kontrollierte Ausübung der Jagd überhaupt möglich und teilweise auch notwendig ist – wie zum Beispiel zur Reduzierung von „Mensch – Wildtier Konflikten“. Die Erfolge der Schutzmaßnahmen hat Minister Shifeta in seinem Schreiben ausführlich dargestellt.

Die mit der legalen Jagd generierten Einnahmen sind ein wichtiger Beitrag zur Finanzierung zukünftiger Maßnahmen des Staates zum Schutz genau jener Ressourcen – unter anderem durch Bekämpfung der Wilderei. Die finanziellen Rückflüsse aus den Jagdlizenzen an die Bewohner der sog. Hegegebiete sind sehr oft das einzige Einkommen für Menschen in diesen extrem strukturarmen Regionen. Das Fleisch aus der legalen Jagd stellt einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zu Versorgung dieser Menschen dar. Fällt diese weg, so muss mit einem Anstieg der Wilderei gerechnet werden.

Für die im Land aktiven Jagdfarmen stellt der Verkauf von Jagdlizenzen einen erheblichen Teil ihres Einkommens dar, womit wiederum die Arbeitsplätze auf den Farmen wie auch Maßnahmen zum Erhalt der entsprechenden Populationen finanziert werden. Auch diese Jagd unterliegt genauen staatlichen Auflagen.

Ja, für viele Jäger ist die Möglichkeit, die Trophäe ihrer Jagd nachhause mitnehmen zu dürfen ein wesentliches Motiv ihrer Ausübung der Jagd. Niemand muss diese Praxis moralisch billigen. Zugleich sollte aber auch niemand für sich das Recht in Anspruch nehmen, diese Praxis für andere zu verbieten, sofern mit dieser Jagd keine Gefährdung der Arterhaltung verbunden ist.

Fällt die Möglichkeit zur Mitnahme der Trophäe weg, so entfällt ein maßgeblicher Anreiz für Jäger – darunter sehr viele aus Deutschland – zur Jagd nach Namibia zu reisen. Die oben genannten Einkommen entfielen zum Nachteil der dort lebenden Menschen und würden die Fortsetzung der bisher erfolgreichen Maßnahmen zum Artenschutz in Frage stellen.

Zu bedenken gilt auch, dass Deutschland seit vielen Jahren mit umfangreicher Finanzierung im Rahmen der bilateralen Entwicklungshilfe zum Aufbau der Strukturen zum Management der natürlichen Ressourcen maßgeblich beiträgt. Der Erfolg Namibias beim Erhalt seiner Natur und Tierwelt ist damit zum Teil auch ein Erfolg Deutschlands. Das in Frage stehende Verbot könnte diese Erfolge wieder gefährden.

Sie können sicher sein, dass das offenbar geplante Importverbot nicht nur unter Fachleuten, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit Namibias auf großes Unverständnis stoßen würde. Nehmen Sie daher bitte den im Raum stehenden Vorwurf der „neokolonialen Einmischung“ sehr ernst. Der Vorwurf fällt in einem ohnehin nicht einfachen Umfeld der bilateralen Beziehungen rasch auf fruchtbaren Boden. Der uns als sehr besonnen bekannte Minister Shifeta nutzt diese Worte sicher nicht leichtfertig.

Ein „Miteinander mit Respekt“ ist eine Leitlinie der Bundesregierung. Ausdruck dieses Respekts gegenüber Namibia bestünde darin, die Einladung von Minister Shifeta zum direkten Gespräch im Rahmen eines Besuches in Namibia anzunehmen, um sich vor Ort ein realistisches Bild über die Maßnahmen der Regierung Namibias zum Schutz seiner natürlichen Ressourcen machen.

Das Schreiben werden wir auch in unserer Öffentlichkeitsarbeit verwenden.

Hochachtungsvoll
Christian Schlaga
(Präsident Deutsch – Namibische Gesellschaft)