Interview mit B. Jaumann"Der lange Schatten" - Zweite Lesung des mehrfach ausgezeichneten Krimi-Autors Bernhard Jaumann in Kooperation mit der Stadtteilbibliothek Rödelheim am 10. Dezember 2015

Der jüngste Roman um den dritten Fall für Clemencia Garises spielt zur Hälfte in Namibia und in Deutschland. Kurz nachdem in Freiburg das Grab des Rassenforschers Eugen Fischer geschändet wird, werden in Windhoek die Frau des deutschen Botschafters und ein Herero-Junge, den sie adoptieren will, entführt. Während sich eine namibische Delegation in Berlin aufhält, um zwanzig in der Kolonialzeit geraubte Schädel zurückzuholen, wird ein Polizist erschossen. In Namibia sucht die Ex-Polizistin Clemencia, die inzwischen ein privates Sicherheitsbüro eröffnet hat, nach den Entführten und erkennt fast zu spät, dass sie für eine groß angelegte Intrige eingespannt wird...

Die fünf spannenden Ausschnitte, die Jaumann aus seinem Krimi liest, wecken die Lust, gleich weiterzulesen.

Bernhard Jaumann wurde 1957 in Augsburg geboren. Er arbeitet als Gymnasiallehrer für Deutsch, Geschichte, Sozialkunde und Italienisch in Bad Aibling, unterbrochen von Auslandsaufenthalten in Italien, Australien, Mexiko und schließlich von 2006 bis 2012 in Namibia. Dieser Aufenthalt inspirierte ihn zu seinem Politthriller "Die Stunde des Schakals", seinem ersten Roman um die Kriminalinspektorin Clemencia Garises, der mit dem DEUTSCHEN KRIMIPREIS 2011 ausgezeichnet wurde.

Jaumann liest aus seinem KrimiDie Entscheidung, den Krimi "Der lange Schatten" zu schreiben, sei am 2. Oktober 2011 gefallen, so Jaumann. Anlässlich der Rückkehr einer namibischen Delegation aus Berlin mit zwanzig während der Kolonialherrschaft verschleppten Hereroschädeln fand in Anwesenheit des namibischen Präsidenten eine Willkommensfeier im Parlamentsgarten statt, die Jaumann selbst miterlebte. Die auf einem einfachen Tisch ausgestellten Schädel hätten ein skurriles Bild ergeben, das nicht passte, aber andererseits eine tiefe Wahrheit ausdrückte: begraben, aber wieder ans Tageslicht gekommen.

Jaumann, der die unterschiedlichen Positionen zur Kolonialgeschichte und die Hintergründe sehr gut kennt, stand nach der Lesung für Fragen zur Verfügung. Die Hereros seien auf der persönlichen Ebene sehr wohl zur Verständigung bereit, aber in der Sache durchaus unnachgiebig. Sie verlangten Wiedergutmachung, aber vor allem die Anerkennung des Volkermordes, die Anerkennung historischer Wahrheit und historischer Schuld. Der Prozess habe jetzt begonnen und Jaumann hoffe, dass dieser sich in positiver Richtung entwickle. Offizielle Politik sei aber, dass die Herero nicht direkt mit Deutschland verhandeln sollen, denn die namibische Regierung fürchte Tribalismus, wohl auch nicht zu Unrecht. Er beantwortete Fragen zu seinen Recherchen und darüber, wie sein Buch von deutsch-stämmigen Namibiern aufgenommen wurde. Einige hätten Probleme damit, da man an einem wunden Punkt rühre, der Ursprungsmythos betroffen sei. Zur politischen Lage erklärte er, dass Namibia für afrikanische Verhältnisse relativ stabil sei, aber Probleme beispielsweise durch die großen Einkommensunterschiede drohten. Korruption gäbe es zwar, aber auch ein funktionierendes Rechtssystem und eine freie Presse.