TeufelskralleVortrag von Volker Herold im Siesmayersaal des Palmengartens in Frankfurt am 20.06.2022

Dieser Vortrag informierte über eines der botanischen Highlights in Namibia  –  die Afrikanische Teufelskralle. Die San kennen sie schon seit Jahrhunderten, nach Europa wird sie seit Mitte des letzten Jahrhunderts importiert. Hauptsächlich als Heilmittel bei Appetitlosigkeit und bei degenerativen Erkrankungen des Bewegungsapparates angepriesen, hat die Wurzel der Pflanze Harpagophytum Procumbens eine hohe Nachfrage in Europa ausgelöst. Die nicht-nachhaltige Nutzung ist jedoch zu einer ernsten Bedrohung vieler Populationen geworden. Wie die Ernte und der Handel mit dieser uralten Heilpflanze aus Namibia nachhaltig, in fairer Zusammenarbeit und im Einklang mit der Natur und mit der lokalen Bevölkerung funktioniert, erfuhr das Publikum im voll besetzten Siesmayersaal von Volker Herold von Namibian Naturals.

Maike und Volker Herold, die Gründer von Namibian Naturals sind seit vielen Jahren Namibia-Fans und lernten 2016 namibische Naturkosmetikprodukte kennen. Um diese Initiative zur Selbsthilfe zu unterstützen, boten sie an die Produkte in Deutschland zu verkaufen. Seit 2017 importieren und verkaufen sie Naturkosmetik, d.h. fertige Produkte aus Namibia. Den gleichen Anspruch haben sie beim Thema Teufelskralle: nämlich möglichst viel Wertschöpfung im Land zu lassen. Die Bio-Teufelskralle von Ecoso Dynamics ist ihr neuestes Projekt. Noch findet die Verarbeitung im Ausland statt, aber sie sind dabei dies zu ändern, so Herr Herold.

Die Teufelskralle kommt überwiegend in der Kalahari vor, die sich über die Länder Namibia, Botswana, Südafrika, Angola und Simbabwe erstreckt, wobei Namibia und Südafrika die Haupterntegebiete sind. Fast die gesamte Ernte besteht aus wild gesammelten Wurzeln, da eine Kultivierung bisher noch in den Kinderschuhen steckt. Ecoso Dynamics führt Anbauversuche durch um der steigenden internationalen Nachfrage gerecht zu werden, wegen der die Gefahr der Übererntung groß ist. Bei nachhaltiger Ernte werden nur die Sekundärwurzeln ausgegraben, die Hauptwurzel bleibt unberührt in der Erde. So kann man sie nach drei bis vier Jahren wieder beernten. Doch leider ist diese nachhaltige Methode bislang noch sehr selten. Die konventionelle Ernte macht etwa 70% aus. Hier wird die gesamte Pflanze aus dem Boden gerissen und stirbt nach der Ernte ab. Nachhaltig Bio und Fair werden nur 12%  (11% Bio, 1% Bio und Fair) geerntet.

Rund 95% des weltweiten Bedarfs an getrockneter Teufelskralle (ca. 800 t Chips jährlich) wird aus Namibia exportiert. Auch in Botswana und Angola wird geerntet, jedoch über Namibia exportiert. Die komplette Veredelung und ein Großteil der Wertschöpfung findet in Europa statt, nur ca. 7 % in Namibia, was nicht gut ist, so Herr Herold, aber seit 2020 bekämen sie immerhin die Vorprodukte aus Namibia, also ein erster kleiner Schritt. Man unterscheidet zwei Arten bei der Teufelskralle: Procumbens und Zeyheri. Namibian Naturals verwendet ausschließlich die Art Procumbens, die auch die ursprüngliche Heilpflanze der Buschleute ist, die sie seit Jahrhunderten in der traditionellen Medizin verwenden und deren Wirkstoffe höher und hochwertiger sind. Es ist schwierig die beiden Arten zu unterscheiden, aber geschulte Ernter können sie auseinanderhalten. Zeyheri ist im südlichen Afrika mit einem Anteil von 70% weiter verbreitet als Procumbens mit nur 30%.

Das Arzneimittel wird aus den sekundären Speicherwurzeln hergestellt, nicht aus den Früchten, die der Pflanze den Namen gaben. Pro Jahr und Pflanze werden 400 - 500g produziert. Für 1 kg Chips sind 10 kg Wurzeln nötig.

Im Jahr 1962 wurde Teufelskralle erstmals nach Deutschland exportiert, ursprünglich ausschließlich als Tee. Neu hinzu kam in Europa die Verwendung auch zur Linderung von leichten Gelenkschmerzen. Der Hauptwirkstoff ist Harpagosid, ein sehr bitterer Bitterstoff. Dessen Anteil, ein weiteres wesentliches Qualitätsmerkmal, schwankt zwischen 0,5 bis äußerst seltenen 3%. Bei Namibian Naturals ist der Wirkstoff mit 1,9% hochdosiert; mindestens 1,2% sind laut EMA vorgeschrieben. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Produkten auf dem Markt, oft ohne Angaben über deren Harpagosid-Gehalt, wie uns Herr Herold mitteilte, auch die Verzehrempfehlung wäre häufig falsch. Und noch weitere Informationen erhielt das interessierte Publikum im Frage-und-Antwort-Teil:

So kann die appetitanregende, entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung bei Arthrose, Rückenschmerzen und Appetitlosigkeit belegt werden, aber wie genau, ist noch nicht bekannt. Die Produkte gibt es als Aufguss, Kapseln, Tabletten und Salben, bzw. Cremes. Dass es als Nahrungsergänzung und nicht als Arzneiprodukt angeboten wird, liegt am Aufwand und am Preis für die Zulassung. Empfohlen wird eine Einnahme von ca.80g Harpagosid pro Tag für einen Erwachsenen, und ab ca 6 Wochen wäre eine Wirkung spürbar Hauptabnehmer sind Frankreich mit 41%, Deutschland mit 28% und Polen mit 14%.

Seit 1999 seien Ernte und Export in Namibia nur mit Genehmigung möglich, hieß es. Bio & Fair, d.h. wirklich nachhaltige Ernte biete nur ein zertifizierter Exporteur in Namibia, nämlich Ecoso, so Herr Herold. Auch die Ernter müssen zertifiziert sein. Sieben Conservancies (2,5 Mio ha) sind Bio-zertifiziert, und die 3000 Ernter, davon 60% Frauen, benötigen eine Erntelizenz und müssen die Teilnahme an einer Ernte-Schulung nachweisen. Die Erntegebiet werden jährlich neu ausgewiesen, damit die Pflanzen ausreichend Zeit zur Erholung bekommen.